2016 gehörte die Türkei zu den drei wichtigsten Reisezielen deutscher Touristen. Mit 5,6 Prozent Anteil musste sich die Türkei nur Spanien und Italien (14,8 Prozent bzw. 8,2 Prozent) geschlagen geben.
Diese Zahlen des Deutschen ReiseVerbands werden sich 2017 wahrscheinlich nicht wiederholen. Im Gegenteil: Wie verschiedene Medienberichte vermuten lassen, wird die Türkei aus verschiedenen Gründen nicht mehr so stark bei Urlaubern nachgefragt sein. Was steckt hinter Reisewarnungen und zunehmender Zurückhaltung?
Experten werden hier mit Einbrüchen von fast 60 Prozent gegenüber früheren Vergleichszeiträumen zitiert. Für die Region und auf die Türkei spezialisierte Reiseveranstalter ist die Zurückhaltung deutscher Verbraucher ein Problem.
Die Ursachen sind an unterschiedlichen Stellen zu suchen. Im Wesentlichen geht es – so zumindest die Ergebnisse aus Umfragen – bei der Zurückhaltung einerseits um die Sicherheitslage. In der Vergangenheit hat es in der Türkei immer wieder Anschläge gegeben. Ein Beispiel ist der Terroranschlag Anfang 2016 in Istanbul, der sich gezielt gegen Deutsche gerichtet hat. Auf der anderen Seite sehen Reisende die aktuelle politische Entwicklung kritisch. Seit dem Putschversuch ziehen viele Touristen, welche früher die Türkei besucht haben, andere Destinationen in Erwägung. Wie hat sich die Situation in den letzten Jahren tatsächlich verändert?
Der Begriff Reisewarnung ist 2017 im Zusammenhang mit der Türkei häufiger gefallen. Allerdings gilt derzeit kein eindeutiger Status für das NATO-Mitglied. Aber: Im September 2017 hat das Auswärtige Amt die für das Land geltenden Sicherheitshinweise überarbeitet. Vor dem Hintergrund diverser Festnahmen von Bürgern deutscher Staatsangehörigkeit mahnt das Auswärtige Amt eine erhöhte Vorsicht an. So sollen unter anderem keinerlei politische Äußerungen in der Öffentlichkeit gemacht werden.
Kritisiert wird seitens des Auswärtigen Amtes unter anderem die teilweise lange Wartezeit, bevor ein Zugang zum Konsulat möglich war. Aber: Bisher hat die Bundesregierung keine Reisewarnung für die Türkei ausgegeben. Um was handelt es sich dabei überhaupt?
Für Auslandsreisen bzw. andere Länder kann das Auswärtige Amt drei verschiedene Hinweisstufen ausrufen:
Sofern die Bundesregierung beziehungsweise das Auswärtige Amt für ein Land von keiner besonderen Gefahr für Staatsbürger ausgeht, gelten lediglich ganz grundlegende Hinweise. Diese umfassen in der Regel:
Sicherheitshinweise werden vom Auswärtigen Amt ausgegeben, wenn von einer erhöhten Gefährdung für deutsche Staatsbürger auszugehen ist. Dies kann – am Beispiel Türkei – vor dem Hintergrund terroristischer Anschläge erfolgen. Sicherheitshinweise haben das Ziel, für die persönliche Sicherheit zu sensibilisieren bzw. Reisen in bestimmte Regionen – wie das Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien – komplett zu unterlassen. Das Anheben der Sicherheitshinweise zählt als Vorstufe zur Reisewarnung.
Sofern in einem anderen Land die Sicherheit der eigenen Bürger generell nicht mehr gewährleistet werden kann, etwa wegen:
spricht die Bundesregierung eine Reisewarnung aus. Hiermit wird konkret von Reisen in die betreffende Region abgeraten. Die Reisewarnung kann zudem mit der Aufforderung verknüpft werden, das betreffende Land bei nächster Gelegenheit zu verlassen.
Die Türkei taucht in den Ländern, für die eine Reisewarnung gilt nicht auf. Wichtig: Sobald für ein Land eine Reisewarnung ausgesprochen wird, ergeben sich für Betroffene, die Reisen planen, einige besondere Verbraucherrechte.
In der Regel ist es dann möglich, eine bereits gebuchte Reise zu günstigen Konditionen wieder zu stornieren. Ob dabei Stornokosten fällig werden oder nicht hängt jedoch stark vom einzelnen Fall ab. Häufig zeigen sich die verschiedenen Reiseveranstalter kulant.
Der Aufenthalt in der Türkei ist derzeit generell ohne das Beantragen von Visa‑Dokumenten möglich. Allerdings ist es seit dem Putschversuch vermehrt zu Vorfällen gekommen, bei denen Personen (auch aus Deutschland) die Einreise verwehrt wurde.
Für die Einreise in die Türkei sind folgende Dokumente ausreichend:
Laut Auswärtigem Amt (AA) ist sogar die Einreise mit vorläufigem Reisepass oder Personalausweis möglich. Um Problemen bei der Ausreise vorzubeugen, sollten die Reisedokumente in jedem Fall gültig sein (auch wenn das AA die Möglichkeit der Einreise mit weniger als zwölf Monaten abgelaufenen Dokumenten bejaht).
Wichtig: Familien ist zu empfehlen, vor der Einreise nicht nur die Dokumente der Eltern zu prüfen. Um eine reibungslose Ein- und Ausreise zu ermöglichen, sollten auch die Kinderreisepässe nach wie vor gültig sein.
Um bei der Vorbereitung des nächsten Urlaubs keine wichtigen Dokumente zu vergessen, kann unsere Checkliste hilfreich sein.
Da es recht willkürlich erscheint, wenn einzelnen Urlaubern die Einreise verweigert wird, wird die Entscheidung für einen Türkei-Trip entsprechend erschwert. Wer nicht weiß, ob er überhaupt ins Land darf, überlegt sich lieber zweimal, ob nicht ein anderes Reiseziel angesteuert werden soll.
Vor allem Sigmar Gabriel hatte im Vorfeld der Bundestagswahlen 2017 mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass es prinzipiell jeden treffen könne. Auch Festnahmen und Verhaftungen sind vorgekommen. Hiervon betroffen waren vor allem Personen, die vermeintlich eine Verbindung zum Prediger Fethullah Gülen aufwiesen.
Dieser sei laut des Türkischen Präsidenten Erdogan der Hauptdrahtzieher des Putschversuchs 2016. Problematisch hier: Auch wer sich unwissentlich für ein Hotel eines Gülen-Anhängers einbucht, könnte ins Visier staatlicher Ermittlungen geraten. Rein statistisch gesehen kommen solche Festnahmen bei unbescholtenen Privatpersonen jedoch (derzeit noch) äußerst selten vor.
Mit Ausnahme der Metropole Istanbul sind weitere der typischen Touristenziele bisher von Anschlägen verschont geblieben. Viele Regionen die von den Urlaubern geschätzt werden, wie etwa die Meeresküsten an der türkischen Riviera oder an der Ägäis waren bislang nicht betroffen.
Insiderinformationen über die Lage in einzelnen Provinzen können am besten über die sozialen Netzwerke eingeholt werden. Hier greifen die staatlichen Restriktionen und Kontrollen der öffentlichen Medien noch nicht. Bislang konnten in diesen klassischen Urlaubsregionen noch völlig problemlos die Ferien verbracht werden. Eine der sinnvollsten Vorsichtsmaßnahmen ist deshalb immer noch, größere Menschenansammlungen zu meiden und die landesüblichen Gepflogenheiten – etwa bei der Kleidung – zu respektieren oder sich entsprechend anzupassen.
Die politische Situation in der Türkei sowie die Entwicklung der Sicherheitslage hat 2016/17 viele Reisende zum Nachdenken gebracht. Bisher hat die Bundesregierung keine Reisewarnung ausgegeben. Wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickelt, wird von der Politik der beiden Regierungen sowie den jeweiligen Behörden abhängen. Insbesondere die Festnahme deutscher Staatsbürger und laufende Gerichtsverfahren sind aktuell eine Belastung für die deutsch-türkischen Beziehungen.
Sofern sich hier keine Entspannung andeutet bzw. eine weitere Eskalation absehbar ist, dürfte sich an den 2017 geänderten Reisehinweisen wenig ändern. Sollte für Bundesbürger eine steigende Gefahr absehbar sein, könnte eventuell sogar doch noch eine Reisewarnung – mit den entsprechenden Konsequenzen – folgen.
Seit dem Putschversuch in der Türkei und Terroranschlägen hat sich das Interesse an Reisen Richtung Istanbul oder an die türkische Mittelmeerküste verändert. Im Vergleich zu vergangenen Jahren sind die Buchungszahlen zurückgegangen. Wie stark die Nachfrage eingebrochen ist, wird sich zeigen, wenn abschließende Daten für das Urlaubsjahr 2017 vorliegen. Die angepassten Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes werden sicher nicht dazu beitragen, diese Situation zu verbessern.
Ob sich hier in den kommenden Monaten – oder vielleicht noch langfristiger – eine Veränderung ergibt, hängt auch vom politischen Klima ab. Angesichts der Ergebnisse aus der Bundestagswahl könnte die Regierung allerdings unter Druck geraten und eventuell eine Verschärfung erwägen. Solange gibt es aber keine allgemeine Reisewarnung für Reisen in die Türkei.
Bildquellen:
Bild 1: www.unsplash.com, Egzon Bytyqi
Bild 2: www.fotolia.com, #101438380 | Urheber: darezare
Bild 3: www.unsplash.com, Nils Nedel
Bild 4: www.unsplash.com, Blaque X
Bild 5: www.unsplash.com, faruk melik çevik
Schreibe einen Kommentar